Boma`s - Deutsche Stationen in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika

aktualisiert am 15.11.2020

Die folgenden Aufnahmen entstanden bei meiner Reise im September/Oktober 2018. Besucht wurden neben Daressalam die ehemaligen Stationen Tschole (Chole) auf der Insel Mafia, Mahenge, Kilosa, Handeni, Moshi, Mazinde, Muheza, Tanga, Pangani und Bagamoyo, das Biologisch-Landwirtschaftliche Institut Amani und weitere Bahnstationen an der alten Usambara-Bahn.

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Meine vierte große Boma-Entdeckungstour begann am 23.9.2018 in Daressalam.
An diesem Tag besorgte ich mir zunächst ein Flugticket nach Mafia Island für den übernächsten Tag und besuchte danach das Nationalmuseum im alten Stadtzentrum.
In den wenigen zugänglichen Ausstellungsräumen fand ich folgende Ausstellungsstücke mit kolonialem Bezug.

 
links: Das Original-Schild des Kaiserlichen Hauptzollamts; rechts: Büste von Richard Hindorf, dieser initiierte den Sisalanbau in Deutsch-Ostafrika durch Einfuhr von Setzlingen aus Südamerika und legte damit den Grundstein für eine neue Industrie in ganz Ostafrika

 
links: Das Steuerrad der alten Götzen (heute Liemba); rechts: Original-Bullauge

links: Utensilien aus der Zeit des ersten Weltkrieges von Lettow-Vorbeck; rechts: die Lafette für diese Kanone gefertigt in der Eisenbahnwerkstatt von Tabora

Anschließend spazierte ich vorbei am früheren Gebäude der Kulturabteilung, dem deutschen „Verwaltungsgebäude für Landeskultur“ (heute National Institute for Medical Research) zum alten Gouvernements-Krankenhaus. Letzteres war zum Zeitpunkt meiner Geburt bereits das Ocean Road Hospital und ist jetzt das Ocean Road Cancer Institute. Erstmals innerhalb der letzten 20 Jahre konnte ich auch in die Flure und Treppenhäuser des alten Kolonialgebäudes vordringen und auch ein paar Innenaufnahmen machen.

links: das National Institute for Medical Research im Jahr 2018; rechts: das Kulturgebäude (Landseite) auf einer Ansichtskarte aus dem Jahr 1910

links: das Gouvernements-Krankenhaus von der Seeseite auf einer Ansichtskarte von 1905; rechts: das Ocean Road Cancer Institute im Jahr 2018

links: Zugang zum Hauptgebäude des Instituts im 2018, davor überdachte Wartebereiche für Patienten und Angehörige; rechts: Ansichtskarte von der Landseite aus dem Jahr 1907

links: das ehemalige deutsche Laboratorium, auch 2018 noch chemisches Labor ; rechts: frühere Leichenhalle, über deren aktuelle Nutzung konnte ich leider nichts herausfinden

Am 24.9. fuhr ich mit meinem langjährigen Fahrer Idefonce zum Commonwealth-Friedhof. Hier war ich überrascht vom guten Zustand auch der deutschen Gräber für die Gefallenen im ersten Weltkrieg, für die auf der großzügigen Anlage eine Extra-Abteilung eingerichtet ist.

Direkt daneben fand ich den abgeschlossenen Teil des deutschen Friedhofs von Daressalam. Die Gräber bzw. Grabsteine der bis zum Beginn des 1.Weltkrieges im kolonialen Dienst verstorbenen Beamten, Seeleute, Militärs und Privatpersonen waren zur englischen Mandatszeit beim Bau der Ocean-Road vom Strand hierher umgesiedelt worden. Obwohl eine indische Firma mit der Pflege dieses Friedhofs beauftragt worden sein sollte, machte das Ganze auf mich einen eher verwilderten Eindruck. Wie ich danach von der deutschen Botschaft erfuhr, erfolgte die Reinigung wenig später im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum zum Ende des ersten Weltkrieges.

Von hier fuhr ich nochmals ins Stadtzentrum in die alte erste deutsche Boma, das älteste erhaltene Gebäude der Stadt, die nun sehr schön renoviert ist. Hier besuchte ich die erst nach meinem letzten Besuch im Jahr 2016 eingerichtete Ausstellung zur Geschichte von Daressalam und schaute auch bei der Leiterin des DARCH-Projektes Aida Mulokozi vorbei, die mir schon damals während der Renovierung einen exklusiven Einblick in die Räume gewährt hatte (DARCH = Dar es Salaam Centre for Architectural Heritage). Von der mit Unterstützung der TU Berlin geschaffenen Ausstellung und auch den zum Kauf angebotenen Dokumentationen war ich doch sehr angetan.

Am 25.9. vormittags ging es dann mit einem kleinen Flieger mit nur 8 Passagieren nach Mafia Island. Die Landung erfolgte in Kilindoni. Dieser Ort war von den Deutschen nach Errichtung eines Hafens mit regelmäßiger Dampferanfahrt im Jahr 1909 zum neuen Hauptort der Insel gemacht worden. Auch die Verwaltungs-Nebenstelle des Bezirksamts Kilwa war im September 1913 von Tschole nach Kilindoni verlegt worden. Von hier fuhr ich mit einem Taxi nach Utende zur Big Blu Lodge, die an der Chole Bay gegenüber der alten Zollstation liegt. Mit einem von der Lodge gechartertem Boot nebst Führer setzte ich am Nachmittag noch zu einer etwa dreistündigen Besichtigungstour nach Chole über. Dort besuchte ich neben dem alten Zollhaus auch die Ruine einer alten Gefängnisanlage und sprach mit dem neuen Besitzer bzw. Nutzer des ehemaligen Zollhauses. Der Rundgang auf der Insel führte vorbei am alten Wali-Haus und an einem indischen Gebetshaus (beides Ruinen) und an einer Moschee mit altem Brunnen in das nur aus wenigen Häusern bestehende zentrale Dorf. Bei der dahinter liegenden Dhau-Werft wurden wir vom Boot wieder eingesammelt und legten dann für einen Drink nochmals am Zollhaus an. Danach fuhren wir zurück zur Lodge.

Die alte Zollstation Tschole (Chole) war bis zu ihrer Verlegung an den neuen Hauptort Kilindoni auch Bezirksnebenstelle des Bezirksamts Kilwa auf der Insel Mafia. Das bis auf wenige Außenmauern eingestürzte Gebäude war zuletzt aus privaten Mitteln von Südafrikanern wiedererrichtet worden und wurde im Jahr 2018 privat als Yoga-Studio genutzt.

 
links: das restaurierte ehemalige Zollamt im Jahr 2018 von der Bucht aus gesehen


links: Seitenansicht im Jahr 2018; rechts: private Foto-Ansichtskarte aus dem Jahr 1901

links: Hofseite im Jahr 2018, hier fanden früher Schauris (Gerichtsverhandlungen) statt und Strafen wurden vollzogen; rechts: Zustand des Gebäudes vor Beginn der Restaurierungsarbeiten

Für den nächsten Tag hatte ich einen Trip zum Leuchtturm an der Nordspitze der Insel bei Ras Mkumbi vorgesehen. Dazu nutzte ich die Preiswerte Variante eines Tuk Tuk, ein chinesisches motorisiertes Dreirad. Der einzigen Straße der Insel nach Westen folgend, erreichte ich nach etwa 30 Minuten Kilindoni und nach weiteren etwa 90 Minuten nach Norden das Dorf Bweni mit dem dahinter liegenden Leuchtturm.

Dieser ist einer von drei von den Deutschen in den 90er Jahren des 19. Jahrhundert gebauten Leuchttürmen. Die beiden anderen wurden auf Ulenge bei Tanga und Makatumbe bei Daressalam errichtet. Der Leuchtturm auf Mafia wurde 2018 gerade renoviert. Man konnte ihr aber mit Schutzhelm besichtigen. Im Jahr 2018 kostete der Eintritt/ die Abgabe für die Durchfahrt des Ortes Bweni offiziell 3.000 TSH (ca. 1,50 Euro). Die Besichtigung des Turms kostete mit 20.000 TSH knapp 10 Euro, letztere zahlbar direkt an den Bauleiter, ohne Beleg.

links: Restaurierungsarbeiten am alten Leuchtturm im Jahr 2018

Auf dem Rückweg machten wir Abstecher in die ehemaligen Kokosnuss-Plantagen, besichtigten die Ruinen alter Araber-Häuser und machten Halt an einem der scheinbar unberührten, mit normalem Fahrzeug nicht zu erreichenden Traumstrände der „Kanga-Beach“. Auch passierten wir die Ruinen der alten Veterinär-Station Ndagoni, besuchten unterwegs das an einem leider völlig vermüllten Strand gelegene Heimatdorf meines Fahrers und die „Strandpromenade“ von Kilindoni, bevor wir am späten Nachmittag wieder Utende erreichten.

Am 27.9. ging es dann nach dem Frühstück für 15.000 TSH mit dem Tuk Tuk zum Flugplatz nach Kilindoni. Am frühen Nachmittag war ich zurück in Daressalam und traf meine Vorbereitungen für den Beginn meiner Safari am nächsten Morgen.  

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In der ehemaligen deutschen Boma, dem Komplex der alten Militärstation Mahenge, befinden sich noch immer Büros der Distriktverwaltung, ein Gefängnis und die Polizeistation. Der stellvertretende Polizeichef erlaubte mir hier ein paar Außenaufnahmen und begleitete uns dann zu den Überresten des alten Europäer-Friedhofs mit dem Grab von Theodor von Hassel.

links: noch heute befinden sich hier Büros der Distriktverwaltung; rechts: Polizeistation im Jahr 2018


links: Ansichtskarte aus dem Jahr 1903, die Befestigung der Militärstation durch Umwallung erfolgte erst nach dem Maji-Maji-Aufstand im Jahr 1905/06, rechts: Reste der starken Mauer

links: im zweiten Hof der Boma; rechts: Rück- bzw. Seitensicht eines der alten Gebäude

links: Blick von der Boma auf den alten Ortskern im Jahr 2018; rechts: das alte Arzthaus

links: den Aufgang zum alten Gerichtsgebäude erreicht man nur durch einen der Shops an der Hauptstraße; rechts: vom letzten Gerichtsgebäude stehen hier nur noch Mauerreste


links: Blick vom "Schauri-Hügel" in den Hof des alten Arzthauses; rechts: im alten Ortskern auf dem Fundament der ehemaligen Markthalle errichtetes neues Marktgebäude

links: der Grabstein Theodor von Hassel`s; rechts: das Grab nach Beseitigung von Busch und Unrat


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Die ehemalige deutsche Boma in Handeni war Bezirksnebenstelle des Bezirksamts Pangani. Im Jahr 2018 befanden sich hier immer noch Büros der Bezirksverwaltung, u.a. die Finanzverwaltung.




Die ehemals deutsche Boma in Muhesa (Muheza) liegt auf einer Anhöhe, nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt, südlich der Hauptstraße nach Tanga. In dem alten Distriktskommissariat-Gebäude für Ost-Usambara befinden sich noch heute Büros der Distriktverwaltung von Muheza. Das alte Gebäude wurde durch Anbauten erweitert. Der ursprüngliche Gebäudekern ist sowohl äußerlich (Dachkonstruktion und farbliche Gestaltung) als auch innen (z.B. Deckenverkleidung) noch sehr gut zu identifizieren.





wird fortgesetzt ...

Den Abschluss meiner Reise bildete wieder einmal Bagamoyo. Neben Pangani und Kilwa war dieser Ort bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Endpunkt der zentralen Sklaven-Handelsrouten zur Ostküste und wichtigster Warenumschlagplatz für Sansibar. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (D.O.A.G.) hatte hier deshalb schon 1886 eine Station und ihr Zentraldepot angelegt. Es existierte bereits seit Oktober 1890 eine Postanstalt und es gab eine relativ große Anzahl an Ansichtskarten. Die Geschichte und der damalige bauliche Zustand von Bagamoyo sind, insbesondere durch Aufnahmen von Walter Dobbertin, vergleichsweise gut dokumentiert. Noch mehr historische Ansichtskarten-Motive von deutschen Stationen in Ostafrika gibt es nur von den beiden größeren Städten Daressalam und Tanga.

Herausragend an Bagamoyo ist aktuell die Substanz an historischen Gebäuden. Hier gibt es bis heute viel zu entdecken. Zu den relativ gut erhaltenen oder Instand gesetzten Anlagen gehören der deutsche Friedhof, das alte Fort - die spätere Polizeikaserne und das als erstes Europäer-Hospital genutzte alte arabische Teehaus. Ebenfalls an der damaligen Hauptstraße, der Kaiser-, Strand- bzw. Inder-Straße, liegen: die Ruine des alten Ratu-Hauses, das vor einigen Jahren im Rohbau wiedererrichtete alte deutsche Kaiserliche Bezirksamt, das ehemalige Wohnhaus eines deutschen Ansiedlers, die alten Magazine der D.O.A.G. und einige, nun als Hotels genutzte, alte arabische und indische Wohngebäude. Das ehemalige Kaiserliche Postamt ist heute Bestandteil eines Hotelkomplexes. Etwas abseits, ebenfalls aus deutscher Zeit stammend, liegen die Markthalle, eine alte Mosche, die Karawanserei und die 1895 aus Mitteln des Indischen Großkaufmanns Sewa Hadji errichtete und von einem deutschen Lehrer geleitete Schule mit Waisenhaus. Am Strand gibt es die noch teilweise erhaltene, nun auch wieder genutzte alte Zollanlage. In unmittelbarer Nähe derselben sind Fundamente eines damals auf Pfeilern errichteten typischen Fertigteilhauses der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft zu finden. Die meisten der Gebäude der vom Stadtzentrum fußläufig erreichbaren Missionsanlage, einschließlich der großen Kirche, stammen ebenfalls aus deutscher Zeit. 

 
links: die alte Boma der Aufstandszeit (1888-90), ein aus einem alten Araberhaus errichtetes Fort, hier auf einer Ansichtskarte von 1902, war 1895-96 von Grund auf neu ausgebaut und als Polizei-Boma eingerichtet worden; rechts: Aufnahme von 2016


 

Das unweit der alten Boma gelegene Ratu-Haus (links: Ansichtskarte um 1900) war ebenfalls ein altes Araberhaus, welches im Sommer 1890 zu einem Wohn- und Kasinogebäude und 1904-05 zu einem Wohnhaus mit zwei Wohnungen für Kommunalbeamte umgebaut worden war (rechts: Fotografie W. Dobbertin im Bundesarchiv Bild 105-DOA0396);

unten: Zustand 2018

 

  links: Blick von der Barasa des alten Ratu-Hauses Richtung Fort; rechts: die Hauptstraße vom Fort in die alte Stadt ist heute gepflastert

 
Das in dreijähriger Bauzeit errichtete Kaiserliche Bezirksamt (links: Ansichtskarte von 1913) war am 1.12.1897 bezogen worden.

 
Das im Dezember 1894 errichtete Denkmal für die Gefallenen der Wissmanntruppe auf dem Vorplatz zum Bezirksamt existiert heute nicht mehr (links: Ansichtskarte von 1913).

 
Das alte arabische Teehaus war 1890 als Lazarett für bis zu 15 Europäer und 40 Farbige eingerichtet worden (links: nicht gelaufene Wohlfahrtskarte der deutschen Kolonialkrieger-Spende).

 
In der im Oktober 1895 feierlich eröffneten Regierungsschule für Farbige, die auch heute noch genutzt wird, befand sich zugleich ein Waisenhaus (links: Ansichtskarte um 1913).

    
Blick in die Inder-Straße Richtung Nord-Ost (links: Ansichtskarte um 1913). Das historische Straßenbild zeigt links typische Inder-Läden, rechts das Haus des deutschen Ansiedlers und dahinter das dem Gouvernement gehörige, 1899 postseitig angemietete ehemalige Postgebäude an der Kreuzung Zoll- und Inder-Straße.

 
Die 1894-95 fertiggestellte, unmittelbar am Strand gelegene umfangreiche Zollanlage hatte geräumige Lagerstätten und zwei massive Gebäude, in denen sich die Abfertigungs- und Büroräume sowie zwei Wohnungen für verheiratete Zollbeamte befanden. Eines der beiden Gebäude (jetzt ohne Turm) wird noch heute genutzt, ebenso der Zollhof (links: Ansichtskarte um 1913).

 
Ruine des südwestlich gelegenen Zollverwaltungs- und Wohngebäudes und Fundamentpfeiler des ehemaligen D.O.A.G.-Hauses.